Für etliche Jahrhunderte war das zweigeschossige Fachwerktraufenhaus mit massivem Erdgeschoss ein wichtiger Teil des Kellereikomplexes der kurmainzischen Amtsstadt Buchen. Wie der Begriff Marstall (althochdeutsch marstal für Pferdestall) bereits hinweist, nahm der Bau im Untergeschoss einst Stallungen auf, wohingegen das Obergeschoss genügend Raum für Gesindekammern bot. In der ersten Ausprägung, noch ohne Obergeschoss, hatte das Gebäude neben der Nutzung als Wirtschaftsgebäude auch eine wichtige Wehrfunktion. Noch heute ist dies an den fünf erhaltenen Schießscharten auf der Ost- und Nordseite erkennbar. Die sogenannten Schlüsselscharten wurden aufgrund ihrer Form oft als christliches Symbol fehlinterpretiert und dadurch eine vermeintliche sakrale Nutzung abgeleitet. Jedoch diente das Gebäude zu keiner Zeit einem christlichen Zweck.
Das massive Erdgeschoss dürfte um 1500 entstanden sein. Darauf verweisen der gotische Spitzbogen an der Nordseite und die dort angebrachten Steinmetzzeichen. Dendrochronologische Untersuchungen am Dachwerk haben hingegen ein Fälldatum des verwendeten Bauholzes auf den Winter 1616/17 ergeben. Diese Ergebnisse harmonieren mit den Jahreszahlen an dem Fenstergewände (1617) und dem Rundbogenportal (1623) an der Nordseite sowie dem Rundbogenportal (1618) an der Südseite, die alle auf den ersten größeren Umbau an dem Gebäude verweisen. Eine weitere Bautätigkeit wurde laut Inschrift an einem Eingangsportal auf der Südseite um 1797 vorgenommen.
Spätestens gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam das Gebäude in Privatbesitz und diente als Scheune. Ein Wohnhaus wurde an die Ostseite angebaut. 1933 wurde der Marstall von Landwirt Robert Belz aus Hasselbach gekauft. Als Belz Buchen bereits im Jahr 1953 wieder verließ, erwarb die Stadt das nun oftmals auch als Belz`sches Haus bezeichnete Gebäude. Die ursprünglich korrekte Bezeichnung Marstall geriet seitdem in der Buchener Umgangssprache zunehmend in Vergessenheit. Zunächst wurden 1961 in das Gebäude einfache Sozialwohnungen und an der Ostseite ein Laden eingebaut. Das Nebengebäude wurde
abgerissen. Im Zuge der Altstadtsanierung in den 1980 Jahren wurde das historische Bauwerk erneuert und diente fortan als Sitz der katholischen Regionalstelle Odenwald/Tauber mit Büros und Verwaltungsräumen sowie einem Tagungsraum. Heute befinden sich größtenteils Verwaltungs- und Arbeitsräume des Bezirksmuseums Buchen in dem Gebäude.
Vom Frühjahr 2014 bis zum Herbst 2020 wurde der Marstall unter Leitung des fachkundigen Bauhistorikers Peter Knoch umfassend saniert. Im Vorfeld der Maßnahmen wurde eine umfangreiche Befunderhebung erstellt und die aufgetretenen Schäden und die Struktur des Gebäudes in Plänen kartiert. Es folgten aufwändige Reinigungsarbeiten, Reparaturen am Fachwerk und die Erneuerung der Gefacheputze mittels eigens von Hand hergestellten Putzmischungen. Nachdem der ältere Putz am Sockel entfernt worden war, wurden die Fugen saniert und anschließend der neue Putz zwischen den einzelnen Mauersteinen aufgeschlämmt. Damit konnte die Sichtigkeit des Mauerwerks mit der Dichtheit der Oberfläche gegen Witterungseinflüsse kombiniert werden. Durch die Struktur der offengelegten Natursteine des Mauerwerks erhielt das baugeschichtlich bedeutende Marstall-Gebäude auch eine einzigartige Optik.