Im Rahmen des Zukunftstags der Stadt Buchen in der Stadthalle am Samstag haben sich die Fränkischen Nachrichten mit Jens Ridderbusch, stellvertretender Leiter der Familienforschung am Statistischen Landesamt Baden-Württemberg, unterhalten.
Zukunftstag der Stadt Buchen: Interview mit Jens Ridderbusch vom Statistischen Landesamt / Begleiter des Demografieprojekts. Im Interview mit den Fränkischen Nachrichten beantwortete er Fragen rund um das Thema Demografie - ganz allgemein, aber auch speziell auf die Stadt Buchen bezogen.
Welchen Eindruck haben Sie vom Zukunftstag in Buchen gewonnen?
Die Ideen aus den bisherigen Arbeitsgruppen wurden heute voll bestätigt und konkret weitergedacht und -geplant. Beispiele sind der Bürgerbus beziehungsweise ein ehrenamtlicher Fahrdienst, der Generationentreff oder auch die Stärkung der Dorfmitte in den Buchener Stadtteilen.
Wie beurteilen Sie den Ansatz mit Bürgerbeteiligung im Quervergleich?
Ridderbusch: Heutzutage geht es gar nicht mehr ohne Beteiligung in der Planung. Man muss die Gegebenheiten vor Ort kennen, also die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger. Das tun wir hier in diesem Projekt sehr stark.
Daraus entwickelt sich bürgerschaftliches Engagement. Aber nur dann, wenn man sinnbildlich den Nagel auf den Kopf trifft. Wenn die Menschen von den Themen wirklich berührt werden und sagen: "Genau das brauchen wir. Für diese Idee engagiere ich mich".
Wurden die Nägel auf den Kopf getroffen?
Ridderbusch: Die Mehrheit ist bereits zufrieden. Es geht nicht um die weitere Steigerung des Wohlbefindens. Sondern darum, dass eine Stadt zukünftig nicht mehr ohne Bürgerengagement auskommt. Dass sie bestimmte Leistungen nicht mehr alleine erbringen kann. Etwa Mobilität - das ist hier nicht optimal gelöst mit Blick auf die Stadtteile und wird seit geraumer Zeit moniert.
Welche Lösungen gibt es für die Diskrepanz zwischen Kernstadt und Stadtteilen?
Ridderbusch: "Wir werden alle Stadtteile durchgehen müssen, um jeweils die lokalen Aktiven weiter zu unterstützen. Wir möchten die Stadt dazu ermutigen, diesen Gruppen ein Budget zu geben.
Wenn vor Ort Leistungen erbracht werden, für welche die Stadt nicht bezahlen muss, sollte möglichst von diesem Einspareffekt etwas zurückfließen in die weitere Entwicklung.
Wie früh dran ist Buchen?
Ridderbusch: Der demografische Wandel ist in anderen Bundesländern wie Sachsen oder dem Saarland schon viel weiter als in Baden-Württemberg. Aber die nächsten zehn Jahre sind entscheidend. Man kann abwarten, bis man sinkt, oder etwas dagegen tun.
In Buchen hat der Einwohnerrückgang bereits begonnen. Hier kann man eigentlich nicht mehr abwarten. Sichtbare Leerstände in den Stadtteilen drohen. Gegenmaßnahmen wären etwa, die Dorfmitte zu stärken, Neubauten am Ortsrand zu reduzieren oder alte Häuser in den Innenlagen an junge Familien zu verkaufen.
Gibt es Grenzen des Erreichbaren?
Ridderbusch: Buchen konkurriert bei der Abwanderung der Jungen nicht wirklich mit den Metropolen. Wer studien- oder berufsbedingt wegzieht, der ist weg und kommt nicht wieder. Aber viele Hochqualifizierte bleiben in den Regionen, haben eine starke Bindung und finden hier auch Arbeit. Die überlegen sich: "Wo in der Region ist es schön?"
Diese Menschen sind - anders als früher - nicht mehr so kleinräuming gebunden. Sie können im Heimatort bleiben, oder nach Mosbach, Buchen oder Richtung Würzburg/Stuttgart ziehen.
Das ist ein regionaler Wettbewerb - und den kann man sehr wohl beeinflussen. Durch Mitbestimmung, gute Ausgangsbedingungen zu Familiengründung und Neubürgerintegration.
Ist das gegeben, kann man sich guten Gewissens für Buchen entscheiden. chha
Veröffentlicht in den Fränkischen Nachrichten, Montag, 12.05.2014