Festgottesdienst am 16. Juli 2023 um 9 Uhr in der Pfarrkirche St. Oswald – anschließend Prozession
Rochus war über Jahrhunderte einer der beliebtesten Volksheiligen, als Schutzheiliger genoss er in den Zeiten der großen mittelalterlichen Pestepidemien große Verehrung im Volk. In früheren Jahren wurden oftmals Gelübde abgelegt, in der Stadt Buchen gibt es ein Rochus-Gelübde. In Wikipedia ist Buchen als älteste noch lebendige Rochustradition in Deutschland aufgeführt.
Das Buchener Gelübde wurde mehrmals erneuert, anlässlich einer Typhusepidemie vor 80 Jahren 1942/23 und auch während der Corona-Pandemie läutete die Rochus-Glocke.
Das genaue Datum des Rochusfestes hat über die Jahrhunderte mehrfach gewechselt; seit 1811 fand es immer am Sonntag nach dem 16. August – dem eigentlich Rochustag – statt. Dieser Sonntag liegt regelmäßig in den Sommerferien, der Termin wurde ab 2019 auf den dritten Sonntag im Juli verlegt.
Ein Gelübde ist ein feierlich abgelegtes Versprechen. Dieses Versprechen der Vorfahren aus dem Jahre 1635 wird in Buchen 388 Jahre nach der Pestepidemie von der Stadt- und Pfarrgemeinde noch immer gelebt Am kommenden Sonntag findet in diesem Sinne, im Gedenken an die Vorfahren und im Gedenken an die Opfer von Pest und Seuchen die Rochus-Prozession statt. Der Festgottesdienst ist um 9 Uhr in der Stadtkirche St. Oswald, Zelebrant ist Dekan Johannes Balbach, der auch die Festpredigt übernehmen wird. Im Anschluss ist die Prozession durch die Innenstadt.
Im Jahr 1667 erneuerte die Kirchen- und Stadtgemeinde Buchen ihr Gelübde an den Pestpatron St. Rochus:
„A[nno] 1667 […] hat damalig Herr Pfarrer P: Adalbertus Höhn […] wegen einiger Confirmation [Bestätigung durch wiederholte Bekundung] daß in a[nn]o 1635 […] Versprochen h: Festi S: Rochi eine Zusammen Kunft sowohl geistlich alß weltlichen Gehalten und […] die haben einhellig eingewilliget und einmintig geschloßn daß hinforter Und Zu ewigen Zeiten Jehrlich Uff d. 16. Monathstag Augusti erwehntes Hochheyliges Fest S: Rochi Confess: alhier in Gemeiner Statt Umb abwendung der Pest hochfeyerlich Celebrirt werden […]. Diese Verlübtnis Und Bestettigung ist Geschehen Morgents Umb 8 Uhren Under dem freyen Himmell Uff dem freyen Platz hinder dem Haag […].
Ein neuerliches Auftreten der Pest in Buchen und der näheren Umgebung zwischen den Jahren 1660 und 1667 hatte schmerzhafte Erinnerungen an die verheerende Pest von 1635/36 hervorgerufen. Der damaligen Epidemie waren 1.300 Menschen zum Opfer gefallen, darunter Bürger der Stadt und Flüchtlinge aus den umliegenden Dörfern, die ihr Heil hinter den Buchener Stadtmauern gesucht hatten. Das dramatische Zusammenspiel der Folgen der Pestepidemie und den wirtschaftlichen Belastungen durch den Dreißigjährigen Krieg löste 1636/37 zusätzlich eine Hungersnot aus, an der etliche weitere Menschen sterben sollten. Diese einschneidenden Ereignisse hatten zur Gründung des noch heute begangenen Rochus-Festes geführt.
Mit der Erneuerung des Gelübdes 1667 sollte eine Wiederkehr solcher Zustände verhütet werden. Dafür wurden eigens zwei neue Bilder der Pest-Heiligen Rochus und Sebastian erworben und auch die Nachbargemeinden Unterneudorf, Stürzenhardt, Hollerbach, Steinbach und Rumpfen in das Gelübde und die alljährliche Prozession miteinbezogen.
Danach blieben die Buchener Bürgerinnen und Bürger tatsächlich für lange Zeit von größeren Epidemien verschont. Erst im Kriegswinter 1942/43 suchte eine Typhus-Epidemie die Stadt und ihre Bewohner heim. Von 297 erkrankten Personen verstarben 45 an der systemischen Infektionskrankheit. Die Tragödie veranlasste die Buchener Bevölkerung, das seit 1635 bestehende Rochus-Gelöbnis erneut zu bekräftigen.
Rochus-Glocke
Obwohl die Glocken der Pfarrkirche bzw. das Glockenläuten in Bezug auf das Gelübde und die Prozession eine wichtige Rolle spielten, wurde eine eigens dem Pest-Patron Rochus geweihte Glocke erst 1899 im Kirchturm installiert. Die von der Villinger Glockengießerei Grüninger gegossene Glocke war fortan die Größte des nun fünfstimmigen Geläutes. Im Ersten Weltkrieg wurde sie noch verschont, im Zweiten Weltkrieg allerdings wurde sie Mitte 1942 mit drei weiteren Glocken der Stadtkirche für den Krieg des nationalsozialistischen Deutschlands eingeschmolzen. Lediglich die dem Kirchenpatron St. Oswald geweihte Glocke durften die Buchener behalten. 1949 schließlich wurden drei neue Glocken dem Geläut hinzugefügt. Für die große Rochus-Glocke hingegen fehlte lange Zeit das Geld. Erst 1976 konnte sie mittels der Spendenbereitschaft der katholischen Pfarrgemeinde in Auftrag gegeben werden und machte fortan das Glockenläuten in Buchen wieder fünfstimmig.
Eine besondere Rolle übernahm die Buchener Rochus-Glocke bei dem Gedenken an die Toten der Corona-Pandemie, an die auf Initiative des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in ganz Deutschland am 17. April 2021 auf unterschiedlichste Weise gedacht wurde.
In Buchen erinnerte unter anderem das fünfminütige Läuten der Rochus-Glocke an die vielen Verstorbenen. Dadurch bildete die geschichtsträchtige Glocke ein symbolhaftes Verbindungsglied zwischen Seuchen der Vergangenheit und den pandemischen Ereignissen dieser Tage.
Info: Am Sonntag, 16. Juli wird um 9 Uhr mit einem Gottesdienst und einer sich anschließenden Prozession dem Pestpatron St. Rochus gedacht. Die Stadtkapelle umrahmt musikalisch
Bildunterschrift
-Die Erneuerung des Rochus-Gelübdes von 1667 im Jurisdictionalbuch. Foto: Stadtarchiv Buchen
-Die ursprünglich Rochus-Glocke von 1899 im Kirchturm der Stadtkirche St. Oswald Foto: Bildachriv Karl Weiß