Inzwischen nehmen die Protestaktionen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auch im Neckar-Odenwald-Kreis immer bedenklichere Züge an. Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse werden dabei mehr und mehr schlicht geleugnet. Selbsternannte „Querdenker“ beanspruchen offenbar eine eigene Wahrheit für sich. Unter dem Vorwand des „Kinderschutzes“ sollen nun vor allem auch Eltern dazu verleitet werden, wissenschaftlich abgesicherte Schutzvorkehrungen zu Gunsten ihrer Kinder und anderer Menschen zu unterlassen. Wenn es nach den Drahtziehern geht, treten künstlich aufgewühlte Emotionen an die Stelle des klaren Kopfes. Panik und Sorge als Vorwand, um den gesunden Menschenverstand auszuschalten. Vor allen Rathäusern, Landratsämtern, Polizeistationen, aber auch vor den Privatwohnungen der Verantwortlichen sind über die Osterfeiertage „Mahnwachen“ angekündigt.
Alle diese Aktionen erfüllen uns mit großer Sorge. Die Meinungsfreiheit ist zweifelsohne ein hohes Gut. Und: sie schützt natürlich auch diejenigen, die sich selbst als „Querdenker“ bezeichnen. Genauso steht für uns aber fest: Die Meinungsfreiheit darf nicht dazu missbraucht werden, um andere zu manipulieren.
Corona ist uns allen mittlerweile ein Begriff. Jede und jeder hat in den letzten Monaten seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Virus gemacht. Niemand kann und darf aber die Augen davor verschließen, wie viel Leid diese tückische Krankheit auch über die Menschen bei uns im Neckar-Odenwald-Kreis gebracht hat. Bei weitem nicht alle der bisher über 4.600 bestätigten Infektionen zwischen Adelsheim und Zwingenberg sind glimpflich verlaufen. Wer einmal mit eigenen Augen gesehen hat, wie die Betroffenen in den Intensivstationen um ihr Leben ringen, kann nicht gleichgültig gegenüber Corona-Leugnern und ihren menschenverachtenden Positionen bleiben. Weit über 100 Menschen haben den Kampf um ihr Leben auch in unserem Landkreis inzwischen verloren und sind an oder mit COVID-19 gestorben. Selbst viele Jüngere leiden noch lange Zeit später unter den erheblichen Folgen ihrer Infektion. Gerade die besonders gefährlichen Mutationen fragen nicht nach dem Alter der Betroffenen. Zunehmend sind deshalb auch Kinder und Jugendliche akut gefährdet.
Wer das abstreitet, verlässt unsere gesellschaftliche Solidargemeinschaft und stellt sich selbst ins Abseits. Wir dürfen es aber nicht zulassen, dass Radikale hier unter einem Deckmäntelchen ihr unwürdiges Spiel mit anderen treiben.
Das anstehende Osterfest ist das Fest des Lebens. Christen aller Konfessionen feiern dabei den Sieg des Lebens über den Tod. Seit jeher ist es ein zentraler Kern der Osterbotschaft, die Hassprediger und die lebensfeindlichen Kräfte dieser Welt zu entmachten und den Frieden zu verkünden. Das hat sich nicht zuletzt auch in der langen Tradition der „Ostermärsche“ niedergeschlagen. Die Osterbotschaft ist aus guten Gründen eher leise, gerade deshalb aber unglaublich stark. Sie braucht keine künstliche Erregung, sondern sie wirkt vielmehr für sich selbst.
Wir alle wollen endlich wieder in ein zumindest halbwegs normales Leben zurückkehren. Das wird aber nur gelingen, wenn wir auch weiterhin zusammenstehen und solidarisch zusammenhalten. Verqueres Denken und Handeln hilft hingegen niemandem, schadet dafür aber allen. Deshalb sagen wir in aller Deutlichkeit: Es reicht!
Unser klarer Appell heißt: Lassen Sie sich nicht vor einen radikalen Karren spannen. Verhindern Sie Ausgrenzung und gesellschaftliche Spaltung. Schützen Sie Ihre Kinder davor, von anderen Menschen instrumentalisiert zu werden. Geben Sie der Vernunft den Vorzug vor dem Wahnsinn.
Ja, es ist bisher nicht alles optimal gelaufen bei der Pandemiebekämpfung. Aber: Wir können das Virus nur gemeinsam besiegen. Es hilft nicht, immer einen Fehler bei anderen zu suchen. Jede und jeder von uns kann vielmehr selbst einen wichtigen und wertvollen Beitrag dazu leisten. Bleiben wir deshalb achtsam, aufrecht, insbesondere aber solidarisch!
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und Ihren Lieben von Herzen „Frohe Ostern“.
Johannes Balbach, Dekan des Katholischen Dekanats Mosbach-Buchen
Dr. Achim Brötel, Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises
Dr. med. Christoph Kaltenmaier, Pandemiebeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung für den Neckar-Odenwald-Kreis
Folkhard Krall, Dekan für den Evangelischen Kirchenbezirk Mosbach
Thomas Ludwig, Bürgermeister und Kreisvorsitzender des Gemeindetags
Rüdiger Krauth, Dekan für den Evangelischen Kirchenbezirk Adelsheim-Boxberg
Alexander Weinlein, Initiative „HERZ statt HETZE“ Neckar-Odenwald-Kreis